CHRISTOPHORUS
nach der überlieferung lebte einst in kleinasien ein mann von riesiger gestalt,
der stärkste weit und breit, mit namen offerus.
nur dem mächtigsten herrn wollte er dienen. so trat er in den dienst eines
grossen königs, bis er erkannte, dass selbst dieser sich vor der noch stärkeren
macht des teufels ängstigte. offerus verliess daher seinen herrn, um den teufel
zu suchen. er traf ihn in der einöde an der spitze einer reiterschar und wurde
in seinen dienst genommen. doch balk bemerkte er, dass der teufel furchtsam
umwege machte, wenn ein kreuz am wege auftauchte. daraufhin begann offerus
den gekreuzigten christus als den mächtigsten herrn zu suchen.
einen einsiedler am fluss fragte er um rat, wie er christus finden könne. "diene,
so wirst du ihn finden", lautete die antwort. offerus trug nun alle menschen,
die des wegens kamen und über den strom wollten, auf seinen starken schultern
an das andere ufer, viele jahre lang. eines nachts wollte ein kind über das wasser
gebracht werden. offerus nahm es auf seine schultern und schritt, gestützt auf
seinen grossen stab, durch die wellen. leicht dünkte ihm die last. je tiefer er
jedoch in das wasser schritt, je mehr schien es ihm, als werde das kind immer
schwerer, so dass er es fast nicht mehr tragen konnte und er fürchtete er-
trinken zu müssen. "kind, dus bist so schwer, als trüge ich die ganze welt", klagte
er. und das kind antwortete: "du trägst den herrn der welt, christus", und tauchte
offerus unter das wasser, taufte ihn und gab ihm den namen christophorus,
das heisst christusträger. den alten stab pflanzte offerus auf christi geheiss
neben seiner hütte in die erde. und wie vom kinde verheissen, begann der stab
über nacht zu grünen und zu blühen.
so ist christophorus das sinnbild geworden für jeden menschen, der aufrichtig
nach dem grossen sucht. er wird ihn zuletzt finden in dem gewaltlosen christus.
wo einer zum christusträger wird, beginnt das leben neu zu blühen.
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